Kurzer Traum vom Baum

Der Baum steht im Garten.
Ich schaue aus dem Fenster.
Er hat noch keine Blätter.
Der Wind weht und es ist kalt.
Ich ziehe den Vorhang zu.
Am nächsten Tag scheint die Sonne.
Kleine grüne Blätter treiben aus dem 
Baum heraus, von der Sonne angelockt.
Kraft aus der Erde, aus den Wurzeln.
Stärke aus dem Licht.
Das Licht wird in Energie verwandelt,
die der Baum nutzt, um weiter zu wachsen.
Die Blätter werden größer, breiten sich aus,
halten ihre Flächen dem Wind entgegen.
Der Wind rüttelt an den Ästen, schüttelt
die Zweige. Ich schaue aus dem Fenster.
Rosa Blüten liegen auf den braunen Zweigen.
Tautropfen glänzen im Sonnenlicht.
Bienen summen durch die süße Luft und
fliegen von Blüte zu Blüte.
Morgen hängt am Baum ein Apfel oder eine Kirsche.
Eine geheimnisvolle Verwandlung von Licht in Materie.
Wer hat sich das ausgedacht?
So etwas kann kein Zufall sein!
Ich ziehe den Vorhang zu.
Es ist Abend.
Ich esse Apfelmus und Kirschmarmelade.
Auf dem Tisch steht eine Kerze, weil ich die 
Stromrechnung nicht bezahlt habe.
Die Früchte fallen von den Bäumen.
Vögel huschen über das Gras und naschen an den
süßen Geschenken.
Ohne die Sonne wär all dies nicht da.
In der Dunkelheit des Universums würden wir schlafen,
ohne jemals erwacht zu sein.
Veröffentlicht in Pencildance.