Ein Gedicht ist renitent

Ein Gedicht ist renitent,
was man gar nicht von ihm kennt.
Bisher war es immer brav
wie ein gut erzogenes Schaf.
Doch auf einmal ist es bockig,
gibt sich eckig und wird stockig.
Wenn man es zu lang begafft,
spreizt es sich kratzbürstenhaft.
Es fängt an, sich zu beschweren,
und sich gegen Druck zu wehren,
tut nicht mehr, was man ihm sagt,
ohne dass es murrt und klagt.
Es verweigert das Parieren.
Auf Kommando losmarschieren
fühlt sich nicht mehr richtig an,
weil es selbst entscheiden kann.
Nein, es will sich nicht mehr fügen,
nicht mehr für die Herrschaft lügen,
nicht mehr kuschen,
nicht mehr huschen,
nicht mehr auf den Fluren spuren,
will nicht mehr gehorsam sein.
Nein! und Nein! und nochmal Nein!
*


Veröffentlicht in Pencildance.