Ein Bürgersteig träumt, er hätte versäumt, alles, was ihm passiert ist, genau zu notieren. Es darf nicht passieren, dass alle, die immerzu ungeniert über sein Trottoir hinweg marschiert sind, egal ob Vater, ob Mutter, ob Kind, oder die schwadronierend auf ihm spazierten und sich dabei nicht mal ein bißchen genierten, dass all diese nicht als Erinnerung bleiben. Er wollte es gerne notieren und schreiben, damit alle wissen, wie wichtig er war. Wie großartig, einzig und wunderbar er zu seiner Zeit gewesen ist und dass alle Welt ihn nun wirklich vermisst. Das wollte der Bürgersteig sehr gerne wissen, doch er hat vergessen, die Flagge zu hissen, die in dem Gedächtnis Markierungen macht. Darum hat sein Hirn sie nicht angebracht, und alles verschwand so, als wäre es gleich. Oder spielt die Erinnerung ihm einen Streich? Vielleicht weiß ja doch noch ein dieser und jener, wie schön es sich damals flanieren ließ, auf dem Bürgersteig, so wie im Paradies. Doch er ist jetzt nur noch ein Haufen Steine und Erinnerung, da hat er leider nicht eine.
Ein Bürgersteig träumt
Veröffentlicht in Pencildance.