Dialog

“Bleib doch noch!”
“Ach, du immer.”
“Ich mein es doch nur gut.”
“Mit mir oder mit dir?”
“Ich weiß doch, wo du hinwillst!”
“Was du alles weißt!”
“Ich will nicht, dass du das machst!”
“Ist doch wohl meine Sache!”
“Eben nicht. Hinterher kommst du wieder
angekrochen und jammerst!”

Ein Zevenaar-Gedicht

Das Zevenaar-Gedicht (zeven = niederländisch = sieben)
besteht aus sieben Zeilen.
1. Zeile: Ein Ort
2. Zeile: Ein Ich-Satz und eine Tätigkeit
3. Zeile: Eine Frage oder ein Vergleich
4. Zeile: Die Situation genauer betrachten
5. Zeile: Noch näher heranzoomen
6. Zeile: 1. Zeile wiederholen
7. Zeile: 2. Zeile wiederholen
*
Im Himmel.
Ich sitze und meditiere.
Wird mein Geist klar genug sein?
Die Menschen auf der Erde
gehen alle ihren Weg.
Im Himmel.
Ich sitze und meditiere.
*
Im Keller.
Ich schlage gegen die hölzerne Tür.
Warum hat man mich eingesperrt?
Dunkelheit hält mich gefangen.
Mein Herz schlägt wild gegen die Brust.
Im Keller.
Ich schlage gegen die hölzerne Tür.
*
Auf dem Dach.
Eine Katze schleicht um den Kamin.
Was sucht sie in luftiger Höhe?
Ihre Tatzen kratzen am Ziegel.
Kleine Mäuse huschen davon.
Auf dem Dach.
Eine Katze schleicht um den Kamin.
*
Auf dem Kürbis.
Ich sitze auf ihm und denke jetzt nach.
Hilft die Natur mir, mich selbst zu verstehen?
Der Kürbis ist rot.
Unter meinem Gewicht sackt er in sich zusammen.
Auf dem Kürbis.
Ich sitze auf ihm und denke jetzt nach.

Cafeterrasse am Abend – Vincent Van Gogh

Bilder als Schreibanregung:

Ich bin durch Zufall in dieser mir fremden Stadt gelandet. Die Züge
fuhren nicht mehr weiter, weil es keinen Strom mehr gab. Die starken
Regenfälle der letzten Wochen bringen das Leben der Menschen durcheinander.
Aber hier ist es friedlich. Mein Hotelzimmer liegt in der Altstadt. Ich
sehe genau gegenüber ein Cafe, in dem die Leute gemütlich sitzen und das
Leben an diesem ruhigen Abend genießen. Endlich einmal regnet es nicht.
Endlich einmal zuckt kein Blitz über den Himmel und es ist kein Donnergrollen
zu hören.
Im Gegenteil. Der Himmel ist dunkelblau und hängt voller Blüten. Eine Kutsche
nähert sich. Sie rollt durch das enge Tor neben der Kirche. An der Kutsche hängen
links und rechts Laternen, die mit ihrem gelben Licht die Straße beleuchten.
Wie tröstlich das alles auf mich wirkt. Alles scheint in gelbes Licht getaucht zu
sein und die runden Tische des Cafes passen in diese Harmonie (unterstützen dieses
harmonische Bild – ist vielleicht besser, meint mein Rechthaber)
(Ein Rechthaber ist nämlich kein Liebhaber, aber das nur nebenbei)
Alles ist friedlich hier, außer meinem Rechthaber, der meint, das sei doch alles
ganz schön langweilig und ob wir nicht die Kutschpferde ein bißchen durchgehen
lassen können, damit die Menschen kreischend zur Seite springen müssten und es gäbe
ja nicht mal eine Pfütze nach dem vielen Regen, durch den die Räder Dreck verspritzend
rollen könnten. Wie das denn möglich sei, dass nach dem vielen Regen nicht mal ein Pfütze,
du kennst diese Sorte Geschwätz.
Aber er kann mich mal. Für mich ist der Abend friedlich und ich genieße es einfach,
das Leben.

Einfach schreiben

Das Unterbewusstsein kann es gar nicht leiden, wenn man
sich zu wichtig nimmt. Es liebt das zweckfreie, offene
Spiel des Geistes, in dem alles kommen und gehen kann,
wie es ihm gerade behagt. Hält der Mensch, der schreibt,
sich für einen großen Künstler, der auf jeden Fall nur
großartige Sachen zu Papier bringt, muss er damit rechnen,
dass man ihm eine lange Nase dreht und die spielende
Kreativität ihm den einen oder anderen Kuckuck in das
allzu schlaue Gedankennest legt. Dann findet der Kritiker
in dem ihm hochnäsig überreichten Text schnell das eine
oder andere faule Ei, das er auf den allzu klugen Dichter
zurückschmeißen kann.
Der unsterbliche, schöpferische Geist ist wie der Narr im
Tarot. Er kann jede Gestalt annehmen und sich in alles verwandeln,
was ihm möglich erscheint. Darum nehmt euch den Rat zu Herzen,
so einfach wie ein spielendes Kind die Worte auf das Papier
fließen zu lassen und euch nicht zu wichtig zu nehmen.
Die allergrößte Freiheit liegt in der absichtslosen
Einfachheit.

Jeden Tag schreiben

Wenn man mit dem Schreiben Fortschritte machen will,
muss man jeden Tag schreiben. Wie jede andere Fähigkeit
kann man so auch das Schreiben trainieren und verbessern.
Es ist manchmal schwer, sich für das Schreiben zu
motivieren, darum darf man keine große Sache daraus
machen. “Wenn ich nicht weiß, was ich tun soll, fange ich
an zu schreiben!” reicht als Motivation vollkommen aus.
Mit diesem Satz im Hinterkopf ist das Unterbewusstein immer
bereit, loszulegen. Dann setzt man sich hin und schreibt alles
auf, was einem in den Sinn kommt. Es darf ganz belangloses Zeug
sein über den Reis in der Tasse oder wie lecker die Bohnen
geschmeckt haben. Nichts ist zu unwichtig, um es zu notieren.
Die Spinne an der Decke ist genauso interessant wie die
Regentropfen, die der Wind gegen die Hauswand klatscht.
Sobald man beginnt, auszuwählen, das anscheinend Wichtige
vom anscheinend Unwichtigen zu trennen, räumt man der
kritischen Stimme im eigenen Geist zu viel Macht ein. Diese
Stimme ist es, die unser Schreiben behindert, indem sie
versucht, unsere Gedanken in eine bestimmte Richtung zu lenken,
und die Dinge nicht so sein lässt, wie sie nun einmal sind.
So kann das Schreiben der eigenen Selbsterforschung dienen, indem
man nicht-wertend die auf- und absteigenden Gedanken betrachtet.
Ein Tauchgang in das Labyrinth, das sich unter der
Bewusstseinsoberfläche befindet.
Aber es erfordert Mut, sich auf diese Weise mit sich selbst zu
konfrontieren. Doch so zu schreiben ist auch ermutigend, weil
man hinter all den auftauchenden Gedanken plötzlich eine leise,
innere Stimme hört, die nichts verurteilt, was in uns auftaucht
oder entsteht. Eine wachsame, wohlwollende, mütterliche Präsenz.
Und manchmal erkennen wir, dass wir diese innere Stimme sind und
das Schreiben uns hilft, mehr so zu werden, wie wir gemeint sind.

Ideen finden

Viele Menschen, die schreiben möchten, quälen sich mit dem Gedanken, dass ihnen nichts einfällt.
Sie glauben, sie könnten mit dem Schreiben nicht beginnen, bevor sie eine gute Idee haben.
So sitzen sie vor dem leeren Blatt und fangen nicht an zu schreiben.
Das Geheimnis ist aber, dass wir in unserem Geist unendlich viele Ideen haben.
Diese Fülle an Material können wir niemals bewältigen, um daraus Geschichten oder Gedichte zu machen.
Wir wissen nur nicht, wie wir aus dieser Fülle schöpfen können, um die Ideen aus dem Geist zu befreien.
Der größte Irrtum, der einem beim Schreiben im Wege steht, ist die Erwartung,
die große Idee würde einfach so in den Kopf hinein fallen.
Manchmal, aber sehr selten, ist das auch so.
Aber in der Regel ist das Finden von Ideen, die Befreiung des Materials aus dem Geist hinunter auf
die geschriebene Seite, ein Prozess, ein Geschehen, das sich langsam und kaum wahrnehmbar entwickelt
und sehr viel Geduld benötigt.
Große Ideen entstehen beim Schreiben und um sie zu finden, muss man sehr viel schreiben.

Mit dem Schreiben beginnen

Man braucht am Anfang nur eine kleine Inspiration, um mit dem Schreiben zu beginnen. Das kann ein Wort sein, ein Bild, ein Geräusch oder ein anderer sinnlicher Eindruck. Vielleicht ist es ein Charakter, von dem man fasziniert ist oder ein interessanter Dialog, den man aufgeschnappt hat. Es ist gut, ein Notizbuch mit sich herumzutragen und die vielfältigen Inspirationen, die einem im Alltag begegnen, zu notieren, damit man sie als Einstieg in das Schreiben nutzen kann. Mit der Zeit wird man aufmerksam für die unglaubliche Fülle an Anregungen, die der Alltag bietet und betrachtet neugierig, wo überall es etwas zu erforschen gibt. Es sind kleine Edelsteine, die man in einer großen Schatzkiste sammelt, aus der man beim Schreiben schöpfen kann. Am besten nimmt man sich eine bestimmte Zeit vor (3 Minuten können reichen. Die 3-Minuten-Sanduhr kann sehr motivieren) oder eine bestimmte Menge (1 Seite oder mehr). Wichtig ist nur, sich an die Vorgabe zu halten und nicht mehr und nicht weniger zu schreiben. Es kommt nicht auf die Qualität an, sondern darauf, schnell und viel zu schreiben. Hat man einmal begonnen zu schreiben, so bleibt man am besten im Schreibfluss, ohne zu analysieren oder zu zensieren, damit der kreative Geist aus dem Inneren freudevoll gestalten und spielen kann.


Wortketten:
Der letzte Buchstabe des ersten Wortes ist der erste Buchstabe des neuen Wortes:
Brot-Tomate-Esel-Labyrinth-Hose-Elefant-Tinte-Energie
Die letzte Silbe des ersten Wortes ist die erste Silbe des neuen Wortes:
Tin-te, Te-nor, Nor-we-gen, Ge-ne-ra-tor, Tor-te, Te-le-fon
Das letzte Wort des ersten Wortes ist das erste Wort des neuen Wortes:
Winter-garten, Garten-Cafe, Cafe-Terrasse

Ich öffne und finde (Schreibaufgabe)

Ich öffne eine Dose und finde ein Herz.
Ich öffne das Herz und finde eine Liebe.
Ich öffne die Liebe und finde einen Kummer.
Ich öffne den Kummer und finde einen Zorn.
Ich öffne den Zorn und finde eine Kraft.
Ich öffne die Kraft und finde meine Stärke.
Ich öffne meine Stärke und finde meinen Mut.
Ich öffne meinen Mut und finde meine Liebe.
Ich öffne meine Liebe und finde mein Herz.
Das kommt in die Dose
und die mach ich zu.
“Ruhe jetzt!”
Aber das Herz
lässt sich nicht zum Schweigen bringen.
Es klopft gegen die Dose.
Erst leiser, dann lauter werdend.
“Ruhe jetzt!”
schimpfe ich zornig.
“Wer bist du, mir das Schlagen zu verbieten!”
schimpft das Herz zurück.
“Du kannst ja lieben nur, und sonst gar nichts!”
antworte ich verletzt.
“Ich hätte nie auf dich hören sollen, dann wäre mir
viel Leid erspart geblieben!”
“Und was ist mit den Vollmondnächten auf dem Meer? Was ist
mit dem Blütenduft im Frühling und den Wellen des Glücks, auf
denen du geritten bist? Was ist mit dem Wind in deinen Haaren
und dem Kuss auf deinen Lippen? Soll all dies nie gewesen sein?”
Ich öffne die Dose und schaue hinein.
Ja, es schlägt noch, diese eigensinnige, alte Herz.
Es lässt sich nicht zum Schweigen bringen.
Ich glaube, es hat mir noch viel zu sagen.

Mit dem Körper schreiben

Meine Hände tasten an einer Wand entlang.
Sie fühlt sich angenehm kühl an, ist aber unsichtbar.
Ich schiebe den Ellbogen gegen die Wand, schlage mit
der Faust in sie hinein. Die Faust prallt zurück.
Ich drücke mein Schädeldach gegen die Wand,
klemme ein Knie zwischen mich und die Wände, die mich
umgeben. Mit dem Rücken schiebe ich mich an der einen
Wand entlang, reibe mit der Schulter an einer Ecke, rutsche
mit dem Hintern an ihr weiter, presse meine Nase gegen
die glatte Fläche. Ich stecke meine Ferse in eine Vertiefung,
die mir Halt gibt, lasse die andere Fußsohle weitergleiten,
bis meine verzweifelten Zehen eine Kante zu fassen kriegen,
eine Mulde, ein Hoffnung. Die Himbeere der Hoffnung.
Eine Öffnung in der Wand lässt sich ertasten, ein Weg nach
draußen, aber nur, wenn ich mich ganz dünn mache, dünner
als eine Himbeere, aber die ist schon in meinem Mund
verschwunden und rutscht in der Speiseröhre abwärts. Ich
sehe sie ganz deutlich, denn mein Körpe ist aus Glas. Darum hat
man mich hier eingesperrt. Ich bin zu zerbrechlich, um in
dieser lauten, harten Welt zu überleben. Aber immer hier drin
zu bleiben, hat auch keine Zukunft für mich. Ich suche einen
Ausweg, sehne mich nach dem wirklichen Leben da draußen, stemme
mich mit all meiner Kraft gegen die elastischen Wände, drücke mit
den Füßen gegen alle vorhandenen Widerstände, die ich spüren kann.
Bis plötzlich etwas platzt und ich mit viel Flüssigkeit
hinausschieße in einen hell erleuchteten Raum.
*

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