Kleopatra wollte kein Opfer mehr sein

Kleopatra wollte kein Opfer mehr sein
und schaute deshalb in den Spiegel hinein.
Dort sah sie die Frau mit der Kraft und dem Mut,
die selber entscheidet. Und das tat ihr gut.
Anstatt nur zu jammern und heimlich zu klagen,
beschloss sie, Verantwortung selber zu tragen.
Ihr Schicksal nahm sie selbstbewusst in die Hand
und ist nun bekannt in der Stadt und dem Land,
weil sie als Pseudonym einen Caesar erfand.
 

Nicht verrückt machen lassen

Wir wollen uns doch nicht verrückt machen lassen.
Noch haben wir alle Tassen im Schrank.
Gott sei Dank
sind wir (und das ist uns wichtig)
im Oberstübchen noch ganz richtig.
Wir lassen uns nicht irre machen,
belieben, über die zu lachen,
die uns die Welt erklären wollen.
Sie meinen, dass wir denken sollen,
was in ihre Schablonen passt.
Doch Schubladen sind uns verhasst.
Das könnte ihnen grad so passen,
uns am Schlafittchen anzufassen,
um uns die Welt so zu erklären,
als wenn wir ihre Kinder wären. 
Gegen den frechen Übergriff 
wehren wir uns mit Geistesschliff,
wobei der so geschliffene Geist
Wegweiser in die Freiheit heißt.
Wir haben mit unserem scharfen Verstand
noch immer jedwede Hypnose erkannt.

Prokrastination

Der Prokrastinator ist stark und er macht,
dass man nicht das tut, was man vorher gedacht.
Er sagt, es sei jetzt nicht die richtige Zeit,
und morgen, dann wär man viel eher bereit,
den Plan zu erfüllen, den man mit viel Müh
aufmerksam gefasst hat heut ganz in der Früh.
Man sei dann viel besser zu dem in der Lage,
was heute zu tun sich erweise als Plage.
Folgt man ihm, dann legt man den Stift aus der Hand
und schafft nie den Weg aus dem Faulenzerland.
Die Gründe sind vielfach. Man muss sie notieren,
um schreibend den Kampf sicher nicht zu verlieren.
So kann man notierend mit Worten beschreiben,
was einen bedrängt, nicht im Schreiben zu bleiben.
Und alle die Silben und Worte und Sätze,
die dadurch entstehen, sind richtige Schätze.  


Kurzer Traum vom Baum

Der Baum steht im Garten.
Ich schaue aus dem Fenster.
Er hat noch keine Blätter.
Der Wind weht und es ist kalt.
Ich ziehe den Vorhang zu.
Am nächsten Tag scheint die Sonne.
Kleine grüne Blätter treiben aus dem 
Baum heraus, von der Sonne angelockt.
Kraft aus der Erde, aus den Wurzeln.
Stärke aus dem Licht.
Das Licht wird in Energie verwandelt,
die der Baum nutzt, um weiter zu wachsen.
Die Blätter werden größer, breiten sich aus,
halten ihre Flächen dem Wind entgegen.
Der Wind rüttelt an den Ästen, schüttelt
die Zweige. Ich schaue aus dem Fenster.
Rosa Blüten liegen auf den braunen Zweigen.
Tautropfen glänzen im Sonnenlicht.
Bienen summen durch die süße Luft und
fliegen von Blüte zu Blüte.
Morgen hängt am Baum ein Apfel oder eine Kirsche.
Eine geheimnisvolle Verwandlung von Licht in Materie.
Wer hat sich das ausgedacht?
So etwas kann kein Zufall sein!
Ich ziehe den Vorhang zu.
Es ist Abend.
Ich esse Apfelmus und Kirschmarmelade.
Auf dem Tisch steht eine Kerze, weil ich die 
Stromrechnung nicht bezahlt habe.
Die Früchte fallen von den Bäumen.
Vögel huschen über das Gras und naschen an den
süßen Geschenken.
Ohne die Sonne wär all dies nicht da.
In der Dunkelheit des Universums würden wir schlafen,
ohne jemals erwacht zu sein.

Der brave Schlaf

Der brave Schlaf will heute nicht erscheinen.
Ich wälze mich hin und her und strecke meine Hände
nach ihm aus, um endlich einschlafen zu können.
Aber er hüpft und tanzt um mein Bett herum: 
"Du kriegst mich nicht! Du kriegst mich nicht!"
ruft er. Ich sehne mich nach der Bewusstlosigkeit,
die der Schlaf über mich legt. Nicht mehr zu merken,
dass man da ist. In der Dunkelheit versinken,
eingepackt in dicke Watte, gepolstert gegen die
Ecken und Kanten der Welt.
Ist man wirklich nicht mehr da, wenn man schläft?
Andere sehen ja noch den Körper, der da liegt und 
atmet, zuckende Muskeln, die im Schlaf wiederholen,
was sie tagsüber getan haben.
Wo bin ich, wenn ich schlafe?
Wenn ich träume, bin ich dann in einer anderen Welt?
Oder ist alles Illusion, was im Traum vor dem inneren
Auge erscheint?
All die Verfolgungsjagden, die Flüge durch erträumte 
Himmel, sind sie ein Teil des Lebens gewesen oder einfach
nur heiße Luft?
Manche Träume hinterlassen ein verändertes Lebensgefühl.
Plötzlich ist da mehr Zuversicht und Hoffnung, das
Gefühl, im Traum erfrischt worden zu sein.
Träume heilen, das ist klar.
Schlaf ist einfach wunderbar.

Mein Herz will nicht mehr zwitschern

Mein Herz will nicht mehr zwitschern.
Es steckt in dicken Socken,
presst seine Hand auf seinem Mund,
um mich damit zu schocken.
Es ist so ganz und gar verstummt.
Mit seinem Schweigen tut es kund,
dass es mir nichts mehr sagen will.
Aus Trotz ist es ganz furchtbar still.
Ich habe wohl was falsch gemacht,
irrtümlich und zu laut gelacht.
Ich machte manchen schlechten Scherz,
und das verübelt mir mein Herz.
Weil es schon lange nicht mehr spricht,
schick ich ihm jetzt dieses Gedicht.
Wenn es das gar nicht lesen will,
dann werde ich ganz furchtbar still.
Ich strafe es mit Schweigen,
um ihm damit zu zeigen,
wie schmerzhaft solch ein Schweigen ist
und dass man irgendwann vergisst,
dass es jemals ein Herzlein gab.
Dann grämt man sich bis in das Grab.

 

Gedichte aus Wasser und Stein

Ein steinerner Text.
Er erstarrt ungerührt
und verharrt streng am Platz, 
weil er gar nichts mehr spürt.
Er kann nur verweilen,
will sich nicht beeilen.
Der flüssige Text
strömt zischend dahin,
schleift Kanten und Ecken,
denn das ist sein Sinn.
Der harte Text knallt lautstark gegen die Wand.
Der weiche dagegen liegt zart in der Hand.
Ein hölzerner Text stöckelt knackend herum,
beugt sich knarrend im Wind
und wird dadurch ganz krumm.
Die gläsernen Texte, aus Angst zu zersplittern,
sieht man auch im Warmen erbarmungslos zittern.
Die Texte aus Wolle
sind warm von Frau Holle.
mit glühender Nadel im Winter gestrickt
und aus Mitleid an zitternde Texte geschickt.
Der knisternde Text aus viel Heu und viel Stroh
macht manche Kuh glücklich und manches Pferd froh.
Texte aus Blech
trompeten echt frech.
Wer duftende Texte aus Blumen probieren
will muss dicht am Boden und auf allen Vieren
zu ihnen hin kriechen.
So wie das Mariechen.
Du darfst, wie sie, den Duft genießen
und schau'n,
wie sie im Frühling sprießen.

Monsieur Töff Töff schreibt gern Gedichte

Monsieur Töff Töff schreibt gern Gedichte
und schickt sie dann an seine Nichte
(die Tänzerin Tatjana Töff).
Sie wohnt auf dem Mont Öfferöff.
Doch seine Texte liest sie nicht,
denn sie verabscheut jede Pflicht.
Der Freiheit nur ist sie verpflichtet
und nicht dem Onkel, der viel dichtet.
Sie gibt die Briefe ihrem Diener
Tex Dexter. Der ist ein Schlawiner.
Er schickt die Dichtung dem Verlag,
der deutsche Dichtung wirklich mag,
tut so, als wäre er's , der schreibt,
gemäß dem Spruch: "Wer schreibt, der bleibt!"
und geht in die Geschichte ein
als Tex, das kluge Dichterlein 

Bügeleisen

Ein schlecht gelauntes Bügeleisen,
im Frühling, möchte nicht verreisen.
Doch weil man seine Schwächen kennt
(bekannt für das, was es verbrennt),
legt sein Benutzer (still und leise)
es heimlich vor die Bahn auf Gleise.
Obwohl's dem Eisen nicht gefällt,
schiebt diese Bahn es in die Welt
Durch diese Fahrt lernt es das Staunen
und lässt sie los: die schlechten Launen.
 

Pang !

Das PANG ringt bang um jenen Rang,
den es verlor an PENG und PING.
Sein Hang zum Mangel ward Gesang.
Man ahnt: Er weist auf Schwächen hin!
PANG sprang schnell an auf dieses Singen.
Doch mahnt man. "Es wird nicht gelingen,
in dem Gerangel was zu fangen
und auf den Hang dort zu gelangen,
wo PANG dann wieder jemand wär!"
Doch das weiß man nur ungefähr.