Gerechte Gesellschaft

Gerechte Gesellschaften gibt es nur dann,
wenn jeder vertrauensvoll sicher sein kann,
dass sie schwache Mitmenschen aufrichtig schützen
und alle bekämpfen, die sie nur benützen,
um mit ihrer ideologischen Kraft,
die Meinungen bildet und Standpunkte schafft,
Gesellschaften für ihrem Zweck zu gestalten.
Das schaffen sie durch monetäre Gewalten.

Sie hindern uns, Identitäten zu finden,
in denen wir uns miteinander verbinden,
und spalten uns auf in verschiedenen Klassen.
Sie hetzen uns auf, denn wir sollen uns hassen.

Doch wir suchen nach einer sicheren Welt,
in der jeder Mensch zu dem anderen hält
und wir ohne Angst Potentiale entfalten,
mit denen wir Zukunft gerechter gestalten.
*

Tagebuch

Das Passwort zum Tagebuch plötzlich vergessen
und ratlos vor meinen Gedanken gesessen.
Wohin denn jetzt bloß mit den wütenden Sätzen,
die unausgeschrieben mich selbst nun verletzen
durch Ärger, der sich dadurch gegen mich richtet.
So wird die gewohnte Erlösung vernichtet
und ich bin gezwungen, sie Menschen zu sagen:
die Worte, die sich oft nach draußen nicht wagen.
*

Write your heart out – Der Lohn des Schreibens – 2

1.) Schreiben unterstützt dich dabei, Menschen,Orte,
Ereignisse und Gefühle aufzuzeichnen, die andernfalls
verlorengehen würden. Du denkst vielleicht, du 
würdest nie vergessen, wie dein Kind Semmelbrösel
"Bremmelsösel" genannt hat oder wie der Frost an
dem Tag, als dein Vater gestorben ist, die Ränder 
der Ahornbäume berührte oder das scharfe Aroma
der heißen Kastanien, die du erst gestern auf 
einer New Yorker Strasse ausgepackt hast. Die
Chancen stehen gut, dass du es nicht vergisst. 
Schreiben ist teilweise ein Versuch, dein Leben 
und das von anderen vor dem Vergessen zu bewahren. 
Sogar wenn du dich entscheidest, vollständig aus
deiner Phantasie zu schreiben, wird dir dein Schreiben
als Aufzeichnung der Reise des Bewusstseins durch dieses
Leben dienen. Die Geschichte, die du gestern geschrieben
hast, das Gedicht, der Aufsatz, der Tagebucheintrag 
- ist ein Brief von der Vergangenheit an die Gegenwart.
Und die Geschichte, die du heute schreibst, ist eine
versiegelte Zeitkapsel für die Zukunft. 
 
2.) Schreiben entspannt dich. Wie Yoga, Meditation, guter
Sex oder eine fabelhafte Mahlzeit macht Schreiben
dich ruhiger. Es ist schwer, mit den Gedanken woanders
zu sein, wenn man schreibt. Du kannst die meiste
Zeit durch dein Leben rennen, die Spur wechseln,
Knöpfe drücken, auf Computer-Icons klicken, Worte
kopieren und einfügen, die jemand anderes geschrieben 
hat. Aber Schreiben fesselt dich an den gegenwärtigen 
Moment und stellt einen Raum bereit für deine Gedanken
und die Betrachtung deiner Erfahrungen. 

3.) Obwohl Schreiben dich nicht vor Verwirrung, Versagen,
Verlust oder Verzweiflung schützen kann, hilft es dir,
diese Gefühle zu verarbeiten. Die heilende Kraft des Schreibens
kann nicht hoch genug geschätzt werden. Während deine Hand
über das Papier gleitet, kannst du beinahe den Wachstumsschmerz
spüren, der die Ausdehnung deines Bewusstseins und das Finden
deiner Stimme begleitet. Bald wächst es über deine persönliche
Erinnerung hinaus, um einen größeren Zusammenhang zu suchen.
Wenn dies geschieht, wird das, was du bis dahin nur als Schmerz 
und eine Enge in deinem Brustkorb erfahren hast, durch das 
Schreiben verwandelt werden. Der Schicksalsschlag gegen dich
bahnt sich seinen Weg in ein Gedicht oder eine Geschichte und
verliert dabei etwas von seiner Schärfe. Alles, wovon du dachtest,
du könntest es nicht ertragen, fühlt sich nun erträglich an. 

4.) Der Akt des Schreibens klärt Gefühle und Motivationen,
vertreibt Dämonen und ermöglicht dir, deinen Weg zu möglichen
Lösungen freizuschreiben. Schreiben stellt dem formlosen Chaos
eine Form entgegen, einen Platz, an dem die undestillierten
Gedanken und Gefühle, die sonst unser Leben verdunkeln, sich 
zeigen können. Schreiben ist, in den Worten von Audre Lorde:
"ein Weg, dem Namenlosen einen Namen zu geben, so dass es 
gedacht werden kann."


5.) Schreiben hält dich davon ab, die Welt langweilig zu finden.
Ein zufällig mitgehörtes Gespräch, das du andernfalls ignoriert 
hättest, verbindet sich selbst mit dem Aufsatz, an dem du gerade 
arbeitest; ein gelber Fausthandschuh, der von einem Kind auf
dem Spielplatz "herabtropft" stellt das fehlende Bild bereit
für den Liedtext, den du gerade schreibst. Wenn du dich  mit
einer Schreibaufgabe beschäftigst, wird der Lichtstrahl deiner
Achtsamkeit konzentriert und das Gewöhnliche wird zu etwas
Ungewöhnlichem, Neuem - oder erscheint so in deinen neu
fokussierten Augen.

6.) Die Welt mit deinen eigenen Worten zu beschreiben, deine
eigene Geschichte zu erzählen ist eine Aktivität, in der sich
deine Kraft und Selbstwirksamkeit verkörpert. Wenn du schreibst,
sagst du tatsächlich: "Ich habe eine Stimme! Ich habe eine Geschichte!
Ich habe etwas zu sagen!"


7.) Schreiben ist wie: eine Party zu geben, auf der alle, die
du jemals gekannt hast, zur Türe herein kommen. Deine vergangenen
Ichs tropfen herein durch ein Loch in der Zeit: deine Großmutter
schreitet durch den Raum und setzt sich an die Ecke des Tisches; 
das rothaarige Baby, dem du nur in deinen Träumen zugeblinzelt 
hast, erscheint elegant gekleidet in der Mitte deines Gedichtes
und trägt eine Cordweste, die du aus Fetzen von Substantiven, Verben
und Präpositionen gestrickt hast. Phantastisch!

8.) Obwohl dich nicht jeder Akt des Schreibens zu einem besseren
Schriftsteller macht, wirst du dadurch besser vorbereitet sein 
für dein nächstes Schreibprojekt. "Ein Autor" ,schrieb William
Stafford, "ist nicht so sehr jemand, der etwas zu sagen hat, 
als jemand, der sich auf einen Prozess einlässt, der neue
Dinge hervorbringt, an die er noch nie gedacht hat, bevor er
begann, sie aufzuschreiben." Schreiben erzeugt weiteres 
Schreiben und die Gedanken entstehen auf dem Papier.


9.) Wenn du dich entschieden hast, das, was du geschrieben hast
mit anderen zu teilen, können deine Worte das Leben des Lesers
verändern. Deine Geschichte kann gerade die sein, die ein anderer
gerade jetzt zum Lesen braucht. Und sogar, wenn du dich entscheidest,
deine Arbeit nicht zu teilen, werden deine Worte trotzdem Auswirkungen
auf einen Leser haben: dich selbst! "Das Leben, das du aufzeichnest
und so bewahrst,", schlug Flannery O'Connor vor, "ist dein eigenes!"

10.) Wenn du schreibst, richtest du dich auf andere Menschen aus, die
in der gleichen Weise engagiert sind wie du - eine aufregende Verbindung.
Obwohl du dich manchmal einsam fühlen magst, wenn du alleine am Tisch
sitzt und versuchst, den nächsten Absatz aus deinem Füller auf das
Papier fließen zu lassen, bist du nicht alleine. Im selben Augenblick
sitzen hunderttausend Schreibende aus der ganzen Welt an ihrem 
Schreibtisch, am Küchentisch, sprechen in Audiorecorder oder laufen 
hin und her, um ein Wort zu suchen (vielleicht das eine Wort, das
auch dir gerade fehlt). Eine Großmutter in Süd-Dakota schreibt
ene Mystery-Geschichte; ein Teenager in Philadelphia kratzt ein
Gedicht aus sich heraus; ein Nobelpreis-Gewinner, der vergangenen
Erfolgen nachtrauert, starrt aus dem Fenster und weiß nicht, wo er
den nächsten Satz herbekommen soll. Wir sind alle miteinander
verbunden, sogar mit den verstorbenen Autoren, die ihre Worte
wie Brotkrümel hinterlassen haben, denen wir folgen können. Wir
sind eine Familie, eine Gilde der Handwerker (Artisans), eine
Bruderschaft, eine Schwesternschaft, eine bunte Truppe - und 
natürlich sind einige verfaulte Äpfel in dem Bündel. Aber meistens
meinen wir es gut und versuchen, unsere Geschichte zu erzählen.

Ein Teil meiner Geschichte ist dieses Buch, das ich als Leitfaden
geschrieben habe - für jeden - mich eingeschlossen - begleitet 
von dem Wunsch, wir mögen ehrlich schreiben, leidenschaftlich,
mit Vorstellungs- und Herzenskraft. "Write Your Heart Out" entstand
aus einer persönlichen Notwendigkeit.    

   

        

Write your heart out – Der Lohn des Schreibens – 1

Wenn du diese Worte liest, sind sie von meiner 
Hand durch Raum und Zeit zu dir geflogen. Für 
mich wird es nichts mehr zu tun geben. Während 
ich schreibe, versuche ich, mir vorzustellen, wie 
du dies liest, Monate und Jahre vom Jetzt entfernt.
Ich sehe dich, wie du die Regale im Buchladen 
durchstöberst und dieses Buch herausnimmst, deine
Hand über das Cover gleiten lässt. Du wunderst dich,
was "Write Your Heart Out" bedeuten mag. Du suchst
etwas und ich kann mir nicht sicher sein, was es ist.

Ich schließe meine Augen und stelle mir vor:
- seit du ein Kind warst, haben Leute dir gesagt, 
dass du dich gut ausdrücken kannst.
- deine Eltern werden älter und du möchtest nicht,
dass ihre Geschichten verloren gehen.
- Sätze kamen unangemeldet zu dir und bettelten  
darum, Gedichte zu werden.
- nachts kannst du nicht schlafen; schon den ganzen 
Tag rast dein Verstand. Du fragst dich, ob 
Schreiben dich beruhigen könnte.
- du führst seit Jahren ein Tagebuch und möchtest
deine Schreibkompetenzen erweitern.
- etwas Wunderbares ist geschehen und du würdest
platzen, wenn du es nicht mitteilen könntest.
- etwas Schreckliches ist geschehen und du kannst 
nur überleben, indem du darüber schreibst.
- Du wolltest schon immer einen Roman schreiben.
-Deine Schreibhand beginnt zu jucken.

Vielleicht beginnt deine Schreibreise erst jetzt.
Die Muse hat dich geküsst, ihre lieblichen, glatten
Schultern entblößt und dir zugewinkt, damit du ihr
folgst. Du wunderst dich vielleicht, was diese Muse
für dich bereithält und wohin die Reise dich führen 
mag. Oder vielleicht bist du auch schon eine lange
Zeit auf der Reise. Egal, ob du Anfänger oder schon 
fortgeschritten bist: Schreiben bietet Belohnungen,
die wenig andere Aktivitäten anbieten können: 
*
   

Ich bin auf der Erde gelandet

Ich bin auf der Erde gelandet,
inmitten von Menschen gestrandet,
die ohne Respekt vor dem kostbaren All
den Weltraum zerstören. Sie sind überall
und lassen sich auch nicht belehren,
weil sie nur den Mammon verehren.

Für sie besteht der Sinn der Welt
nur aus dem Ansammeln von Geld
und wer das meiste davon hat,
macht nicht etwa die Armen satt,
sondern er hortet es auf Banken
und investiert, um, ohne Schranken,
den immerzu wachsenden Reichtum zu speichern
und sich durch die Not in der Welt zu bereichern.

Nun planen sie auch noch, den Weltraum zu plündern
und wollen tatsächlich mit sich und den Kindern
Raketen entzünden
um so ihre Sünden
im ganzen Kosmos zu verbreiten.
Hier gilt es nun, schnell einzuschreiten
und diese Absicht zu verhindern.
Löschen wir den Planeten aus
und ruhen uns dann davon aus,
dass die Menschheit die riesige Chance nicht begreift
und sich selber vernichtet, anstatt dass sie reift,
und sich mit der Erde verbindet,
wie es jede Weisheit verkündet.
*

Weiße Fahnen

Fahnen schwingend ein Gedicht.
Doch ich will den Frieden nicht.
Auch wenn seine weißen Fahnen
mich eindringlich dazu mahnen.
Stolz verschlossen bleibt mein Herz.
Dies Gedicht verdient nur Schmerz!
"Habe ich den Krieg begonnen?"
frage ich mit aller Strenge.
"Doch ich habe ihn gewonnen!"
treibe ich es in die Enge.
"Du hast aus mir, einem Guten,
einen Kriegsherren gemacht.
Jetzt lass' ich dich lange bluten,
denn ich zog nur in die Schlacht,
weil du angegriffen hast.
Du hast deine Chance verpasst,
friedlich Tür an Tür zu leben.
Dir gefiel, danach zu streben,
mächtig durch Gewalt zu sein.
Ängstlich bist du nun und klein,
denn du hast wohl nicht bedacht,
dass mein Zorn mich stärker macht!
Vor mir liegst du nun im Staub.
Meine Ohren bleiben taub
für dein Winseln und dein Klagen.
Wer Krieg will, muss es ertragen,
wenn er seinen Kampf verliert
und der Gegner aufmarschiert.
Hat man ihn erst unterschätzt,
 wird nicht nur der Stolz verletzt!"
Das Gedicht kniet vor mir hin
und weil ich doch friedlich bin,
lass ich es noch etwas klagen,
bevor wir uns dann vertragen.
*

Aufgerüstete Gedichte

Gedichte sind bis an die Zähne gerüstet.
Sie haben sich anmaßend damit gebrüstet,
dass gegen die Übermacht keiner was kann.
So kämpfen sie ausdauernd Mann gegen Mann. 
Sie streiten. Sie hauen sich blutige Nasen
und liegen am Ende erschöpft auf dem Rasen.
Gedemütigt geben sich beide geschlagen
und haben das Kriegsbeil gemeinsam begraben.

Doch jeder weiß sicher 
genau, wo es liegt,
und hofft, dass er irgendwann 
trotzdem noch siegt.
*

Pilze und Regen

Ein Pilz lässt seine Sporen fliegen,
damit die was zu sehen kriegen.
Dabei entsteht ein kleines Tröpfchen
als Aerosol an ihren Köpfchen.

Weil es unglaublich viele sind,
hinaufgetragen von dem Wind,
bilden sie in der Atmosphäre
nun Wolken, die, durch Erdenschwere
hinabgezogen, sich bewegen.
Dort fallen sie herab als Regen.
*

Die Kraft der Pilze

Als damals die Sonne die Bäume erfand,
vermehrten sie sich ungebremst auf dem Land.
Sie wuchsen der strahlenden Sonne entgegen,
erst höher dann breiter auf Wiesen und Wegen.

Je höher sie wuchsen, je öfter sie stürzten.
Die Schwerkraft gebot, dass sich Bäume verkürzten.
Die Baumstämme stapelten sich überall
und bremsten das Leben. So war es der Fall.

Zwar waren schon Pilze auf Böden zu schauen.
Doch die konnten Baumstämme noch nicht verdauen.
Darum gab die Sonne den Pilzen die Macht,
den Baum zu zersetzen aus eigener Kraft.

Der Humus im Boden. Die Kohle im Berg.
Ein Dank sei den Pilzen und ihrem Gewerk.
*

Der honigfarbige Hallimasch

Der Hallimasch liebt Orchideen
und man kann mit Erstaunen seh'n,
dass er, ohne was zu erwarten,
die hilfsbedürftigen und zarten
Samen der Orchidee ernährt,
obwohl er nichts von ihr erfährt
und ohne Gegenleistung bleibt.
Geschichten, die das Leben schreibt,
denn er kann, ohne zu erröten,
so gut wie alle Bäume töten.
*