Immer in der Morgenröte spielt sie die Kamelhaarflöte, Moni sitzt allein am Fluss, träumt von Toni's zartem Kuss. Man hört Moni einsam singen und wünscht ihr, es mag gelingen, dass sich Lippen heiß berühren und sich gegenseitig spüren. Jeder gibt ihr seinen Segen, aber etwas spricht dagegen. Denn Toni ist sicher so schön wie ein Gott, doch macht er Musik auf dem Stinktierfagott, und Moni mag diesen Geschmack gar nicht leiden. Drum lassen die beiden das Küssen wohl bleiben.
Monatsarchive: Oktober 2020
Moni Meloni trägt große Pistolen
Moni Meloni trägt große Pistolen. Dort vorn ist der Feind und sie will sich ihn holen. Von Hochhaus zu Hochhaus springt sie endlos weit. Sie jagt ihn und auch ihr Gewehr ist bereit. Es hängt auf dem Rücken. Sie muss sich nicht bücken, um nach ihm zu greifen. Der Feind springt auf Reifen und schleudert sich hoch wie im Spiel Jump and Run. Auch Moni springt trampolinmäßig und kann auf dem Rücken des Feindes ganz zielgenau landen. Der Feind streckt die Arme. Er hat wohl verstanden, und Moni hat ihre Agenda erreicht. Sie lüftet die Maske. Der Fremde erbleicht.
Einfach so drauflos!
Einfach drauflos!
Einfach so drauflos zu schreiben?
Nein, dann lass ich’s lieber bleiben!
Obwohl, wenn ich es versuche,
schlägt auch der Versuch zu Buche
und es könnte schließlich sein,
mir fällt doch noch etwas ein.
Jeder Spruch kommt auf den Tisch.
Da bin ich nicht wählerisch.
Schließlich brauche ich das Geld.
Was mir in die Hände fällt,
wird gewendet und gedreht,
bis was auf der Seite steht.
Schaut, nun hab’ ich es geschafft
und es wäre doch gelacht,
würde es mir nicht gelingen,
euch auch morgen was zu bringen,
was euch ablenkt und zerstreut
und dabei den Geist erfreut.
Corona-Gedicht
Hat viel Schaden angerichtet,
obwohl Seife es vernichtet.
Dringt durch Nasenlöcher ein.
Mundschutz ohne Nase? Nein!
Wäscheklammer würde geh'n.
Risiko: blöd auszuseh'n!
Ändert das Programm der Zellen,
um dort Viren herzustellen,
denn es will, in allen Ehren,
sich ja bitte bloß vermehren.
Zieht befreit von Haus zu Haus,
breitet sich so weiter aus.
Es ist ja dazu gemacht,
dass es mehr wird, bis es kracht.
Ob das Glück sich für uns wendet?
Gut, dass das Gedicht jetzt endet.
Das Schauspielhaus hinter den Buchen
Die runde, geschwungene weiße Fassade ist traurig und findet es unendlich schade, dass sie jetzt im Schatten der Hainbuchen liegt und man sie nun kaum noch zu sehen kriegt. Der Platz war früher breit und leer. Nun ist kein Platz für gar nichts mehr. Was offen war, wird zugebaut, und alles, was einmal vertraut und Heimat war, verschwindet hinter einer Wand, die der Herr Architekt erfand. Ein Tal liegt vor dem Schauspielhaus. Ein Jammertal mit Werbefläche. Daran erkennt man seine Schwäche, denn das Gebäude hat kein Herz. Es dient ganz offen dem Kommerz. Die findigen Touristen raunen: "Was gibt es hier denn zu bestaunen? Was sollen Bäume auf dem Bau?" Darauf erwidern Planer schlau: "Das Dach soll unser Klima schützen!" Doch wird der Bau den Bürgern nützen? Der dicke Klotz aus Stahl und Stein schlägt tief wie eine Bombe ein. Durch Architekten und Sponsoren ging uns das Schauspielhaus verloren. Hinter den aufgebahrten Buchen muss man die schöne Kunst nun suchen.
Der Winter steht vor der Tür
Der Winter steht vor der Tür. In der Dunkelheit streckt er die Arme aus. Väterchen Frost will nach mir greifen und sich erwärmen an meinem Körper und an meinem Blut. Doch ich denke an die Glockenblumen im Mai, diese Blumen für das Ohr, die inwendig in mir erklingen und mein Herz erfreuen mit ihrem zarten Duft, den man kaum riechen kann. Die Fantasie spendet mir Trost. Hoffnung entsteht durch Erinnerungen die in meinem Geist gespeichert sind. Mein Speicherbewusstsein, die innere Quelle der Zukunft, will ich befüllen mit Bildern der Freude und Gedanken voll Kraft.
Geschichtenerzähler
Eine Wand, die aus Scherben zerbrochener Flaschen errichtet wurde. Buntes Glas in damals noch weichem Zement. Darin spiegelt sich nun die Welt. Rote, gelbe, grüne und blaue Splitter ragen heraus aus der hart und grau gewordenen Mauer. Ich sehe die Menschen, die aus all diesen Flaschen tranken: Wasser, Saft, Schnaps, roten und weißen Wein, braunes Bier, dessen Schaum die Münder füllte. Feiern, auf denen getanzt wurde, bevor die Flaschen zerbrachen und jemand auf die eine Scherbe trat, die da, die mit dem roten Fleck. Wer Augen hat zu sehen, hört die Geschichten, die uns die Dinge erzählen.
Das Haus zerfällt
Vertrocknete Spinnen, zu viele, um sie zu zählen, hängen hinter den abgerissenen Tapeten. Sie haben ihr Leben gelebt. Der bröckelnde Gips fällt auf den faulenden Teppich, der sich blaugrau über den Boden zieht. Zerrissene Vorhänge vermodern an verrottenden Fenstern, an deren zersplitternden Scheiben Regenwasser herabfließt und am Ende des durchlöcherten Rahmens auf den Boden tropft. Das Geräusch der Tropfen pulsiert mein Trommelfell, das mit den Tropfen zu schwingen beginnt. Es fängt an zu flattern wie ein Bettuch, das im Wind auf der Leine hängt. Ein Beben geht durch das verfallende Haus. Die Geister der Vergangenheit nähern sich mit kraftvollen Schritten. Ihr Stampfen weckt mich auf. Ihr Schritte kann ich wie Trommelschläge in meinen Knochen spüren. Ich fürchte mich nicht. Während das Haus meines Körpers zerfällt, schaue ich ihnen furchtlos in das Gesicht.
Small Potatoes
Was ich hier täglich mache ist eine kleine Sache. Mit wirklich großen Dichtern kann ich mich ja nicht messen. Dazu bin ich zu schüchtern. Man wird mich bald vergessen. Ich schreibe trotzdem weiter an Versen und Geschichten, denn Schreiben macht mich heiter. Davon will ich berichten. Es sind nur ganz kleine Kartoffeln, die auf diese Weise entsteh'n. Ich tanze in Holzpantoffeln und wackel dabei mit den Zeh'n.