Ein Gedicht hat laut gelacht

Ein Gedicht hat laut gelacht,
weil man etwas mit ihm macht.
Aber es hat nicht erlaubt,
dass man heimlich an ihm schraubt.
Erst hat man es gut behütet,
sanft gewärmt und ausgebrütet.
Es war schwierig und vertrackt,
doch man hat die Nuss geknackt,
es sanft aus dem Ei gepellt 
und dann auf den Tisch gestellt.
Als man es jetzt aufgedeckt,
hat es sich was ausgeheckt,
hat sogar etwas erfunden,
um vom Eingriff zu gesunden
und dank seiner Fantasie
ist es seitdem ein Genie.

Gedicht aus Langeweile

Ich hatte Langeweile
und war nicht sehr in Eile.
Drum schrieb ich diese Zeilen,
um sie mit euch zu teilen.
*
Da saß ich und fragte mich: "Was soll ich tun?"
Ich langweilte mich und ich wollte nicht ruh'n!
So nahm ich den Stift und ein bisschen Papier,
um etwas zu schreiben. Das seht ihr jetzt hier.
Es dauerte nicht einmal dreißig Sekunden,
dann hatte ich all diese Worte gefunden.
Sie liegen nun vor mir auf diesem Papier.
Ich kann alle lesen, genauso wie ihr.
Das Ziel war: mir einfach die Zeit zu vertreiben,
und wenn ihr das auch wollt, dann könnt ihr mir schreiben! 

Alle Jahre wieder

Das ging schon zwanzig Minuten so.
Er lief hinter mir her.
Wenn ich stehenblieb und mich nach ihm umsah,
blieb er ebenfalls stehen und sah zu Boden.
Dreimal ging das so.
Dann war ich es satt.
Ich ging zu ihm hin und fragte: 
"Laufen Sie mir nach?"
Er nickte.
"Wissen Sie was?" sagte ich. "Sie bleiben jetzt hier
stehen und warten fünf Minuten, bis ich weg bin!"
Er schüttelte den Kopf und fasste meine linke Hand.
"Das geht aber nicht!" sagte ich und versuchte, seine
Hand abzuschütteln, indem ich sie nach oben zog.
Dabei kam ich ihm so nah, dass er den linken Arm
um meinen Rücken legte und sich dann mit beiden Armen
an mir festklammerte.
Ich schlug auf ihn ein und schimpfte:"Was denken Sie
sich eigentlich? Sie sollen mich loslassen!"
Ich versuchte, mich seiner Umarmung zu entwinden, aber
er legte sein linkes Bein um mein Becken herum.
Wir kamen zu Fall.
Seine beiden Arme und seine beiden Beine umklammerten
mich. Seine Wange lag an meiner Wange. Ich konnte seinen
Atem spüren.
Ich wurde ruhiger.
Etwas in mir entspannte sich.
"Ich fühle mich jetzt auch besser!" sagte er.
"Können wir dann jetzt aufstehen?"  fragte ich.
Er half mir auf die Beine.
Hand in Hand gingen wir weiter.
Es war unser Hochzeitstag.
Wir machten es immer so wie beim ersten Mal,
als wir uns kennengelernt hatten.

Noch ein Spiel mit Spannung

Ein Gedicht rennt plötzlich los.
Stolpert über seine Füße.
Macht einen Purzelbaum.
Fängt sich ab und spurtet weiter.
Springt in das offene Cabrio.
Gibt gierig Gas.
Beschleunigt zu rasendem Tempo.
Das Haar weht wild im Wind.
Der Schal flattert.
Er verfängt sich in der routierenden Achse.
Wickelt sich fester um den Hals.
Zieht die Kehle zusammen.
Würgt das Gedicht.
Der Wagen wird aus der Kurve getragen.
Er überschlägt sich.
Der Schal zerreißt.
Das Gedicht wird aus dem Auto geschleudert.
Gerettet.

Gedichte-Dialog

"Heute geht es einfach nicht!"
schimpft verärgert ein Gedicht.
"Bin ich wieder mal zu spät?"
"Ja, verdammt und zugenäht!"
"Hör doch auf mit dem Geschrei!"
"Weißt du was ? Es ist vorbei!"
"Ist es hier bereits zu Ende?"
"Ja! Und dein Gesicht spricht Bände!"
"Bitte, tu mir das nicht an!"
"Ich mach alles, was ich kann!"
"Glaubst du nicht, dass es jetzt reicht?"
"Ich pariere mit: 'Vielleicht!'"
"Du klopfst doch nur auf den Busch!"
"Glaube ja nicht, ich mach Pfusch!"
"Nun, dann geh doch endlich weg!"
"Du bist echt der letzte Dreck!"
"Sei doch bitte wieder gut!"
"Dazu fehlt mir jetzt der Mut!"
"Sei doch bitte lieb zu mir."
"Also gut. Doch nur bis Vier!"
"Kommst du etwas sonst zu spät?"
"Ja, verdammt und zugenäht!"
"Also geht es heute nicht?"
"Nein!" beschließt nun das Gedicht.

Kühle Gefühle

Ein knisterndes, kuntbuntes Bonbonpapier.
Ganz ohne Bonbon.
Das schenkte er ihr.
Da schenkte sie ihm einen tiefkühlen Kuss,
ganz ohne Gefühl,
den er aushalten muss.

Hosenträger und Mützen

Ihr erster Mann hortete Knopfhosenträger,
weshalb sie oft glaubte, er sei heimlich schwul.
Doch eigentlich war er ein Stoffschürzenjäger
und hing diese Schürzen nachts über den Stuhl.
Er saß oft im Schrank, um dort Mützen zu stricken,
und sie dann per Post an Verwandte zu schicken.
Doch alle von ihm so genadelten Mützen
verursachten Schaden, anstatt was zu nützen.
In dieser Zeit nutzte ein Hausmitbewohner
die beste der Mützen als Glatzenkopfschoner
und bohnerte damit sein haarloses Haupt.
Trotz all seiner Schwüre hat sie nicht geglaubt,
dass jemand ihm einst seine Haare geraubt hat,
weil er unerlaubt dessen Auto verschraubt hat.
Doch bald nach der Scheidung
trug dieser Mann Kleidung,
die oben und unten gepolstert war.
Auf einmal hatte er lockiges Haar.
Und auf diesem Prachthaar, (du liebliche Güte!)
balancililierten unglaubliche Hüte.
Sie sind und sie waren ganz ohne zu fragen
nur dazu gemacht, sie am Kopfe zu tragen
und saßen viel besser als diese Mützen,
die jemand mit ganz heißer Nadel gestrickt hat.
Deshalb trug sie gleichzeitig Mützen und Hüte
weswegen ihr Mann, als er sie so erblickt hat,
sich abwendend sagte: "Kommt nicht in die Tüte!"
und dann ihre Liebe für immer geknickt hat.
Denn sein war das Auto und auch die Perück.
Ma-da-me hat eben ganz einfach kein Glück.

Ein Gedicht lässt mich im Stich

Ein Gedicht lässt mich im Stich,
dreht sich weg und weigert sich,
mit mir Hand in Hand zu gehen.
Kaum hat Lunte es gerochen,
hat es sich schon feig' verkrochen,
statt die Sache durchzustehen. 
Macht sich einfach aus dem Staub,
schweigt nur stur stellt sich taub.
Darum kämpf ich nun alleine.
Taucht es auf, mach ich ihm Beine!

Dies Gedicht ist ein Vampir

Dies Gedicht ist ein Vampir.
Nehmt euch bloß in Acht!
Es trinkt euer Blut wie Bier
und kommt jede Nacht.
Das Vorsichtgedicht legt d'rum
Knoblauch um den Hals herum,
denn das soll ganz sicher helfen.
"Das hilft nur bei alten Elfen!"
lacht frech das Gedicht-Vampir
und trinkt dessen Blut wie Bier,
denn es hat erstaunt entdeckt,
wie gut Blut mit Knoblauch schmeckt.

SpuckSchmutzMaskenSchutz

Dieses Gedicht braucht den Spuckschmutzschutzlappen.
Der letzte liegt dort und es will sich ihn schnappen,
denn ohne Spuckschmutzschutz kann man heut' nichts kaufen
und wird sich vergeblich im Kaufhaus verlaufen.
Doch als es nach dieser Schmutzschutzmaske greift,
wird seine Hand von einer and'ren gestreift,
und weg ist die Maske. Verdammt! Zugenäht!
Es ist, wie beim Klopapier, wieder zu spät!